Geschichte des Waldbadens

Geh einfach ins Grün des Waldes und du wirst Heilung erfahren, allein indem du dort bist und atmest.

Hildegard von Bingen

Frühlingswald Bärlauch

Das Wissen, wie wohltuend ein Aufenthalt im Wald auf uns wirkt, ist nicht neu. Schon Hildegard von Bingen und Sebastian Kneipp erkannten und schätzten die heilsame Wirkung des Waldes. Japan gilt jedoch als das Land, in dem Waldbaden als gezieltes Konzept entstanden ist. 1982 hat der Leiter der japanischen Forstwirtschaftsbehörde, Tomohide Akiyama, zum ersten Mal von Shinrin Yoku 森 林 浴, wörtlich übersetzt Waldbaden, gesprochen. Das Zeichen 森 steht für viele Bäume = Wald, das zweite 林 für Gehölz und das dritte  für baden. 

Man bleibe unterwegs einige Minuten stehen und ziehe ganz langsam, tief Atem holend die frische Luft ein. Halte sie ein wenig in den Lungen zurück und atme sie dann ebenso langsam wieder aus. Am günstigsten geschieht dieses in einem Walde, besonders in einem Fichtenwalde.

Sebastian Kneipp

Waldbaden in Asien

Hintergrund der Entwicklung des Konzepts Waldbaden war, dass Japan zum einen eine Waldnation ist – zwei Drittel des Landes sind von Wald bedeckt (Deutschland: knapp ein Drittel) und die Japaner sehr naturverbunden sind. Zum anderen leben über 90 Prozent der Japaner in Städten und die japanische Arbeitskultur zeichnet sich durch einen hohen Druck, viele Überstunden und wenig Urlaub aus. Eine Zunahme von stressbedingten Erkrankungen wie Burnout, Schlaganfall und Herzinfarkt sowie im schlimmsten Fall Suizid oder Karoshi 過労死 (= Tod durch Überarbeiten), mittlerweile eine haftungspflichtige Todesart in Japan, waren und sind die Folge und stellten und stellen ein gesellschaftliches Problem dar – nicht nur in Japan.   

Waldbaden Nadelwald NaTourSinn

Unterstützt von der Regierung begannen in den 1990ern japanische Wissenschaftler, die Zusammenhänge zwischen Wald und menschlicher Gesundheit zu erforschen. Führende Professoren der japanischen Waldmedizin sind Dr. Yoshifumi Miyazaki (Universität Chiba) und Dr. Qing Li (Nippon Medical School).  Sie konnten in zahlreichen Studien belegen, dass ein Waldaufenthalt sowohl therapeutisch als auch präventiv wirkt. Die Waldtherapie ist in Japan daher schulmedizinisch anerkannt und wird auf Rezept verschrieben. Mittlerweile gibt es in Japan mehr als 60 Waldtherapiezentren und Heilwälder.

Einen großen Stellenwert hat die Waldtherapie auch in Südkorea, wo es aktuell fast 40 zertifizierte Heilwälder gibt. Seit 2005 ist die Waldtherapie gesetzlich verankert und wird vom Staat gefördert: Jeder Koreaner hat Anspruch auf einen Gutschein (Wert ca. 80 Euro), der für Programme im Kurwald eingelöst werden kann. 

Waldbaden in Europa

Wald im Herbst Laubwald Oberursel

Auch in Europa sind Waldtherapien, Kurwälder und Waldbaden auf dem Vormarsch. Im deutschsprachigen Raum hat das „Waldbaden“ wie gesagt eine lange Tradition, siehe Hildegard von Bingen und Sebastian Kneipp, der schon vor über 150 Jahren Hängematten im Wald zur Erholung anbot. Auch in Universitäten wird das Thema mittlerweile erforscht, gelehrt und entsprechende Projekte begleitet, beispielsweise an der Ludwig-Maximilian-Universität in München im Fachbereich Medizinische Klimatologie, Kurortmedizin und Prävention. Der erste Kur- und Heilwald in Deutschland wurde 2016 auf Usedom geschaffen. Eine standardisierte Ausbildung zum Waldtherapeuten / Kursleiter Waldbaden gibt es in Deutschland – noch – nicht, zahlreiche Institutionen bieten Aus- und Weiterbildungen an. 

Maronenröhrling Taunus NaTourSinn
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