Ein Sonntagnachmittag in Flörsheim. Über uns donnern die Flugzeuge, in der Ferne schimmern die Türmer der Frankfurter Skyline – untrügliche Zeichen, dass wir uns in einem der wirtschaftsstärksten Ballungsräume Deutschlands befinden. Doch gleichzeitig gehört dieser Landstrich auch zur Ökomodellregion Rhein-Main. Wer jetzt neugierig geworden ist, der ist herzlich eingeladen, an unserer Landpartie teilzunehmen.
Artenreiche Blühstreifen: Insektenweide, Rebhuhn- und Feldhamsterschutz und Wildkräuter-Paradies
In Flörsheim mangelt es nicht an Initiativen rund um nachhaltige Projekte und regional-ökologisch erzeugte Produkte, deren Stärkung das erklärte Ziel des Amts für den Ländlichen Raum und der Ökomodellregion Rhein-Main ist. Da wäre der artenreiche Blühstreifen, der mit seinem Saatgut der „Göttinger Mischung“ optimale Bedingungen für das Rebhuhn bietet, das mittlerweile bei uns sehr selten geworden ist. Das Rebhuhn findet hier Nahrung – in Form von Samen und Insekten – und Schutz gleichermaßen. Vor allem im Herbst und Winter, wenn die Ernte eingefahren ist, bietet das umliegende Kulturland keinerlei Deckung mehr für die Feldtiere. Direkt daneben hat der Landwirt Peter Traiser zusätzlich einen Streifen Getreide stehen lassen, auch er Nahrungsquelle und Deckung für Feldtiere. Nicht nur das Rebhuhn, sondern der ebenfalls sehr selten gewordene Feldhamster und der Feldhase fühlen sich hier sehr wohl, genau wie die zahlreichen Insekten, die die Blütenvielfalt mit Malven, Königskerzen, Wilden Möhren, Fenchel und noch vielen mehr schätzen. Diese Wildkräuter bieten aber auch für uns Menschen allerlei Interessantes, überraschende Aromen, leckere Gewürze und farbenprächtige Blüten. Versuchen und probieren ist bei der Wildkräuterführung ausdrücklich erwünscht!
Schafe zum Anfassen weiden auf der Streuobstwiese
Direkt neben dem Blüh- und Getreidestreifen liegt die Kinderstreuobstwiese der Stadt Flörsheim. Ein tolles Projekt: Jede Familie eines neugeborenen Flörsheimer Kindes kann auf einer von mehreren Streuobstwiesen der Stadt einen Obstbaum samt Pflege und Namensplakette erstehen – und natürlich auch die Früchte ernten. Äpfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen, Walnüsse und sogar eine Esskastanie sind hier zu finden. Unter den Bäumen weidet eine Herde Coburger Fuchsschafe von Klein Vieh des Aussiedlerhofs Ruppert. Diese alte Landtierrasse ist robust und anspruchslos und war früher vor allem in kargen Mittelgebirgslandschaften anzutreffen. Diese Schafe lassen sich gut von Hunden hüten, wovon uns die eifrigen und bestens ausgebildeten Border Collies schnell überzeugen. Bei der Geburt sind die Lämmer fuchsfarben und werden später heller, wobei der Kopf und die Beine den kastanienbraunen Ton beibehalten. Aber auch die Wolle der erwachsenen Tiere behält einen rotgoldenen Stich, Fachleute schätzen dieses „Goldene Vlies“.
Die hübschen Tiere sind außerdem neugierig und handzahm und lassen sich gerne streicheln und kraulen! Und während die Schafe und wir das Kennenlernen sichtlich genießen, erfahren wir mehr über die Verwendung von Wolle, Fellen und Fleisch. Sogar das meist verfilzte, mit Harnstoffen und Kot versehene Fell an den Hinterläufen wird verwendet. Ein Unternehmen im Taunus schneidet diese zähle Wolle und presst sie zu Pellets – Langzeitdünger und Wasserspeicher für Zier- und Kulturpflanzen!
Picknick mit Wildkräuter-Gerichten und Apfelwein
Genussvoller Abschluss der Landpartie bildet ein Picknick mit Wildkräutergerichten. Einige Teilnehmer haben selbst Kräuter gesammelt und bereiten daraus einen Wildkräuter-Quark zu. Alle zusammen genießen verschiedene Kostproben aus der Wildkräuter-Küche, darunter eine Wildkräuter-Suppe und eine Blütenbutter, ein Chutney, verschiedene Kräutersalze sowie eine Apfel-Kräuter-Limonade. Dazu darf natürlich ein Schluck Apfelwein, den Heiko Dörhöfer aus Äpfeln der umliegenden Streuobstwiesen gekeltert hat, nicht fehlen.
Anschließend geht es mit dem Planwagen zurück zum Aussiedlerhof Ruppert, wo jeder Teilnehmer noch kleine Erinnerungsgeschenke, zum Beispiel ein Päckchen mit Dünger-Pellets, erhält.